Dort, wo Norwegen scheinbar zu Ende ist, beginnt der Eiserne Vorhang: in Grense Jakobselv. Der Blick geht auf die Weite der Barentssee. Kleine Strände und Felsen, die bis ins Meer reichen, wechseln sich ab. Einige Touristen genießen die beeindruckende Natur, während eine Familie am Strand ein Picknick macht. Auf Holzbänken sitzen vier junge Menschen in Uniform entspannt in der Sonne. Es sind Mitglieder der norwegischen Grenztruppen, die hier ihren Dienst tun. Sie sind sofort gesprächsbereit, denn zu ihren Aufgaben gehört es auch, die Menschen, die bis ans Ende Norwegens kommen, darüber zu informieren, wie sie sich an der Grenze zu Russland, die gleichzeitig die Nato-Ostflanke und die Grenze des Schengenraums bildet, verhalten sollen. Ich erfahre, dass es nicht erlaubt ist, Fotos von militärischen Einrichtungen wie Grenztürmen und Grenzgebäuden auf russischer und norwegischer Seite zu machen. Zum Glück darf ich die Grenzpfosten auf beiden Seiten fotografieren. Die Grenzsoldatin und die jungen Grenzsoldaten lachen gerne in die Kamera, ziehen vorher allerdings ihre Jacken an, damit die Uniform korrekt ist. Gleichzeitig werde ich jedoch darüber informiert, dass es verboten ist, Menschen auf der russischen Seite zu fotografieren, anzusprechen oder auf sonstige Weise mit ihnen in Kontakt aufzunehmen.
Zu den Aufgaben der Grenztruppen gehört die Überwachung der Grenze. Dazu patrouillieren sie teilweise zu Fuß entlang der Grenze, beobachten von den Grenztürmen aus, die sich auf den Bergen befinden, und nutzen Filmkameras.
Die knapp 200 Kilometer lange Grenze zwischen Norwegen und Russland wird größtenteils durch den Verlauf der Flüsse Jakobselva und Pasvikelva bestimmt. Der Jakobselva, der bei dem kleinen Ort Grense Jakobselv in die Barentssee fließt, ist ein schmales, wildes Gewässer, das sich idyllisch durch eine bergige, schroffe Landschaft schlängelt. Bei Einheimischen ist er zum Lachsfischen beliebt. Aufgrund der Grenzsituation dürfen hier allerdings nur Norweger angeln. Russland ist beim Angeln immer nur wenige Meter entfernt.
Der Grenzverlauf zwischen Norwegen (in Personalunion mit Schweden) und dem Russischen Reich wurde erst im Jahr 1826 festgelegt. In dem Gebiet lebten zuvor Samen. Eine Grenze gab es nicht. Seit dem 14. Jahrhundert war lediglich festgelegt, ob die Steuern je nach Wohnort an Finnland, Norwegen oder Russland gezahlt werden mussten. Somit ist die Ostgrenze Norwegens zu Russland die jüngste Grenze des Landes.