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Kunst als Statement für das Leben

 

Die Kulturplattform „Narva Art Residency (NART)” hat den international renommierten ukrainischen Künstler Ihor Tkachivskyi ausgewählt, um seine großformatige Skulptur „The Joy of Being Human” in Narva anzufertigen und aufzustellen.  Die Skulptur wird sich mit den fünf Sinnen beschäftigen und den menschlichen Körper als das Wertvollste, das wir haben, in den Mittelpunkt stellen.

 

Der 43-Jährige stammt aus dem Südwesten der Ukraine. Vor kurzem ist er in Narva angekommen und wird bis Mitte September an dieser sechsteiligen, monumentalen Skulptur aus Cortenstahl arbeiten. Cortenstahl ist ein besonders witterungsbeständiges Metall, das eine schützende Rostschicht bildet, und somit sehr langlebig ist. Am liebsten würde er sofort mit der Arbeit beginnen, aber im Moment muss er noch auf Material und die notwendige Ausrüstung warten. Er hofft, dass er den ambitionierten Zeitplan einhalten kann.

 

Der Künstler und Bildhauer ist international für seine großen Skulpturen aus Holz, Stein und Metall bekannt. Er hat nicht nur an Ausstellungen, Projekten und Symposien in vielen Ländern Europas, sondern auch in Südamerika, Korea oder Ägypten teilgenommen. „Aber dieses Werk ist für mich besonders wichtig“, sagt der Künstler. „Es ist besonders groß und komplex. Außerdem ist die Botschaft, die ich mit dem Werk verbinde, das wichtigste Thema überhaupt: das menschliche Leben.“

 

Ihor Tkachivskyi hat in der Ukraine und in Polen Kunst studiert. In seiner Promotion hat er sich mit der Restaurierung alter Gebäude beschäftigt. „Aber ich habe immer als Künstler gearbeitet.“ Ihm ist es wichtig, nicht nur schöne Objekte zu schaffen, sondern mit den Menschen, die seine Werke betrachten, in einen Dialog zu treten. Dabei experimentiert er mit den verschiedensten Materialien und testet deren Grenzen. Zu seinen Arbeiten gehören auch Skulpturen aus Schnee, Eis, Sand oder Erde. Für Narva hat er Cortenstahl gewählt, ein besonders witterungsbeständiges Metall, da dieser Stahl eine Rostschicht bildet, die das darunterliegende Material vor weiter Korrosion schützt.

 

Auch wenn der Bildhauer viel arbeitet und viele Projektaufträge erhält, ist es für ihn nicht leicht, sein Leben und das seiner Familie mit der Kunst zu finanzieren. Immer wieder muss er Gelegenheitsjobs annehmen, um zusätzlich Geld zu verdienen. Seine Frau arbeitet ebenfalls als Künstlerin – teilweise frei und teilweise an der Universität. Er unterstreicht, dass er sich immer als Künstler mit seiner Kunst bewirbt. „Ich habe keinen Vorteil, weil ich aus der Ukraine komme und die Ukraine gerade im Krieg ist. Ich muss wie alle anderen auch mit meiner Kunst überzeugen.“

 

Der seit 2014 andauernde Krieg in der Ukraine beeinflusst Tkachivskyis Arbeit auf subtile Weise. Während er 2023 gemeinsam mit seiner Frau internationale Arbeiten schuf, die den Krieg erklärten und dessen Sinnlosigkeit aufzeigten, schlägt er mit „The Joy of Being Human“ bewusst eine andere Richtung ein. „Bei meinem Werk in Narva geht es nicht um Krieg“, erklärt Tkachivskyi. „Es ist eine Aufforderung, das Leben zu genießen und ein gutes Leben zu führen. Das ist meine Position zum Krieg.“

 

Für Tkachivskyi als ukrainischer Künstler ist Narva ein besonderer Ort. Der hohe Anteil russischsprachiger Bevölkerung ist ihm nicht fremd, da auch in der Ukraine viele Menschen Russisch sprechen. „Aber Russland ist schon sehr nah.“ Noch hat er keine Stimmen auf der Straße gehört, die Putins Krieg unterstützen. Im Gegenteil, er hat Menschen gehört, die ukrainisch sprechen und geht davon aus, dass es Flüchtlinge sind. Die tägliche Realität des Krieges in seiner Heimat ist für ihn auch in Narva präsent, da er in ständigem Kontakt mit seiner Familie steht, die von Luftalarm und Drohnenangriffen berichtet. „Dann habe ich Angst um meine Frau und Kinder und sorge mich, dass ich in diesem Moment nichts für sie tun kann“, sagt er.

 

Als beim ukrainischen Kulturministerium gelisteter Künstler darf Ihor Tkachivskyi das Land verlassen, auch wenn der Krieg die Reiseplanung oft erschwert hat, etwa durch kurzfristige Visa-Absagen. „Meine Kunst und meine Skulpturen mache ich um der Kunst willen und für meine Karriere“, sagt er abschließend. „Ich gehe davon aus, dass ich mit meiner Kunst gleichzeitig auch die Ukraine präsentiere. In Kriegszeiten ist es besonders wichtig zu zeigen, zu welchen Leistungen Menschen in meinem Land fähig sind.“

 

Die zwei Meter hohe Installation „The Joy of Being Human“ verspricht ein kraftvolles Statement der Menschlichkeit und Resilienz in einer Welt im Wandel zu werden.