Begegnungen am Iron Curtain

Die Spuren des Eisernen Vorhangs

Die Teilung Europas durch den Eisernen Vorhang hat tiefe Spuren in den Gesellschaften und Landschaften hinterlassen. Bis heute prägt die Geschichte der Konfrontation das Zusammenleben der Menschen in den Grenzregionen. Auch mehr als 35 Jahre nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs fehlt es vielerorts an einer grenzüberschreitenden Erinnerungskultur. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Abschottung Russlands vom übrigen Europa wecken Erinnerungen an die Zeit der Teilung. Alte und neue Spannungen stellen die Beziehungen zwischen Nachbarstaaten auf eine harte Probe. Während in einigen Grenzregionen seit Jahrzehnten große Anstrengungen zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit unternommen werden, schließen sich andere Grenzen wieder. Was bleibt, sind Menschen, die über Grenzen hinweg verbunden sind.

Journalistische Spurensuche entlang des Iron Curtain Trail

Als Journalistin fasziniert mich, wie sich historische Ereignisse und aktuelle Entwicklungen auf den Alltag in Grenzregionen auswirken und welche Herausforderungen, aber auch Chancen sich daraus für die Zukunft ergeben. Diesen Themen möchte ich mich im Rahmen einer journalistischen Radreise widmen. Ich plane in den Jahren 2025 und 2026 den Iron Curtain Trail von Nord nach Süd, von Kirkenes an der norwegisch-russischen Grenze bis nach Rezovo am Schwarzen Meer an der türkisch-bulgarischen Grenze mit dem Fahrrad zu befahren. Dabei stehen nicht die sportliche Herausforderung und die Bewältigung der über 10 000 Kilometer langen Strecke im Vordergrund, sondern die Begegnungen mit den Menschen, die in den Grenzregionen am ehemaligen Eisernen Vorhang leben, arbeiten und sich engagieren. 

Erste Etappe: Von Kirkenes bis zur Kurischen Nehrung

Im ersten Teil meines Projektes möchte ich von Juni bis Mitte August 2025 von Kirkenes über Helsinki, Tallinn und Riga bis nach Klaipeda bzw. bis zur russisch-litauischen Grenze auf der Kurischen Nehrung fahren. 

Grenzen im Wandel: Aktuelle politische Herausforderungen

Die politischen Entwicklungen der letzten Jahre haben dazu geführt, dass sich einige Grenzen, die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs geöffnet wurden, wieder schließen. So werde ich an der finnisch-russischen Grenze nur von der finnischen Seite aus recherchieren können. Meine Recherchefragen werde ich hier an die aktuellen politischen Entwicklungen anpassen. 

Thematische Schwerpunkte der Reise 

Ziel meiner Reportagen und Interviews ist es zum einen, die Geschichte der Teilung Europas während des Kalten Krieges und deren Prägung der Menschen und Gesellschaften zu analysieren. Zum anderen möchte ich die Auswirkungen der aktuellen politischen Entwicklungen auf den Alltag der Menschen in den Grenzregionen beleuchten. Auch die aktuelle Lebenssituation der Menschen, die fernab der Ballungszentren ihr Leben meistern müssen, soll in den Blick genommen werden. Ebenso wird die kulturelle Vielfalt der Grenzregionen ein interessanter Aspekt sein. Ich möchte möglichst viele Gespräche mit Menschen führen, die in der Grenzregion leben. Darüber hinaus plane ich auch Interviews mit Expert*innen aus Wissenschaft, Politik, Gesellschaft und Kultur zu den skizzierten Fragen. 

Das Fahrrad als Mittel der Begegnung und des nachhaltigen Reisens 

Entscheidend für mein Vorhaben ist, dass ich die gesamte Strecke mit dem Fahrrad zurücklegen werde. Das Fahrrad ist das Verkehrsmittel meiner Wahl, weil es mir einen direkteren Kontakt mit den Menschen, der Landschaft, der Umgebung und der jeweiligen Kultur ermöglicht. Von meiner letzten Reise weiß ich, dass mir das Fahrrad Türen öffnet und die Menschen sich eher auf ein Gespräch einlassen, als wenn ich mit dem Auto komme. Außerdem ist Radfahren für mich ein Statement für einen nachhaltigen Lebensstil.